Wasserstandsmesser selber bauen (auf Bali)
Die Weihnachtszeit haben Silvana und ich dieses Jahr auf Bali verbracht, wo wir in einer Villa gewohnt haben. Eines Tages kam kein Wasser mehr aus der Dusche. In diesem Blogpost erzähle ich Dir, wie ich meiner Liebe zur Technik auf meiner Reise nachgekommen bin, indem ich einen Wasserstandsmesser selber gebaut habe, der verhindert, dass zukünftige Gäste der Villa nicht wieder mehrere Tage ohne Wasser auskommen müssen.
Die Ausgangslage
Um die Reisekasse ein wenig zu schonen, machen Silvana und ich ein wenig Housesitting auf Bali. Das heißt: wir kümmern uns darum, dass die Hunde genug Liebe bekommen, die Katzen genug geschmust werden, der Pool immer die richtige Temperatur hat und die Lebensmittel im Kühlschrank auch ja nicht schlecht werden. Eines Tages, nach einem Ausflug an einen der zahlreichen Traumstrände in der Gegend, kommen wir nach Hause und wollen uns mit einer kalten Dusche von den Strapazen des anstrengenden Tages erholen. Ich stelle mich also unter die Dusche, drehe, in Erwartung an die kalte Erfrischung die gleich auf mich herabprasselt (es hat über 30°C hier), den Hahn auf, und dann die Ernüchterung: nichts passiert!
Das Problem: im Gegensatz zu Deutschland ist die Wasserinfrastruktur auf Bali längst nicht so gut ausgebaut. Die Villa, in der wir zur Zeit residieren, hat deswegen zwei riesige Wassertanks im Keller: einen, in dem das Regenwasser das aufs Dach fällt aufgefangen wird, und einen für das sogenannte “government water”, der das Wasser speichert das kontinuierlich aus diesem kleinen Pupsrohr fließt. Wenn ich riesig sage, dann meine ich auch riesig: die Dinger sind größer als das Haus was oben drüber steht.
Auch wenn die Hauptvilla, in deren Keller sich die Wassertanks befinden, auf dem höchsten Punkt des Grundstücks liegt, so reicht der daraus entstehende hydrostatische Druck jedoch nicht aus um den Rest des Anwesens mit einem ausreichend hohen Wasserdruck zu versorgen. Heißt auf Deutsch: wenn ich in meiner Dusche im Gästehaus stehe, das unterhalb der Villa liegt, käme außer ein paar Tröpfchen nicht viel aus dem Duschkopf. Deswegen hat jeder Tank eine eigene Wasserpumpe, die dafür sorgt, dass überall auf dem Grundstück genügend Wasserdruck zur Verfügung steht.
Ich stehe also unter der Dusche und nichts passiert. Sofort laufe ich zur großen Villa und schaue in die Wassertanks: der Tank fürs Regenwasser ist proppenvoll, aber der Tank für das von der Regierung über das mickrige Versorgungsnetz bereitgestellte Wasser ist leer. Da das erstmal keiner von uns bemerkt hat, und die Pumpe, die für den Wasserdruck zuständig ist, auch nicht, läuft diese volle Kanone und versucht das nicht vorhandene Wasser zu pumpen. Sowas mögen Pumpen garnicht, also ziehe ich sofort den Stecker. Als ich der Hausbesitzerin, auf deren “Ferienwohnung” wir hier gerade aufpassen, erkläre was gerade passiert ist, ordert sie eine Wasserlieferung per LKW. 2 Stunden später steht ein Wassertruck vor der Villa und pumpt frisches Wasser in den leeren Tank. Ich stecke die Pumpe wieder ein, und es ist wie ich befürchtet habe: das Ding funktioniert nichtmehr. Kaputt.
Zwei Tage vergehen bis der Kundendienst kommt und die Pumpe repariert. Zwei Tage, in denen wir nicht duschen können und die Toilette mit Eimern abziehen müssen. Aber: duschen wird überbewertet (wozu haben wir denn einen Pool), und die Toilette mit Eimern abziehen kenne ich von meinem Aufenthalt in einem thailändischen Kloster ja schon. Nach einem Gespräch mit der Nachbarin erfahre ich, dass das Wassernetz der Regierung hier in der Gegend seit über 3 Wochen nichtmehr funktioniert.
Sowas mit der Pumpe muss doch vermeidbar sein, denke ich mir. Wenn das Ding von sich aus zu blöd ist um zu erkennen dass kein Wasser mehr da ist, dann muss ich da nachhelfen. Da das Basteln zuhause mein größtes Hobby ist, schlage ich der Hausbesitzerin vor, ihr einen Wasserstandsmesser zu bauen, der die Pumpen abschaltet wenn der Wasserspiegel in den Tanks zu niedrig ist. Vor lauter Freude willigt sie sofort ein, und ich beginne einen Plan für das Ding zu machen.
Der Plan
Das Wassersystem sieht, vereinfacht gesehen, folgendermaßen aus:
- 2 Wassertanks:
- 1 x für das von der Regierung bereitgestellte Wasser (GOV-Wasser)
- 1 x für das gesammelte Regenwasser
- 2 Pumpen
- eine Pumpe für jeden Tank
Das Regenwasser wird hauptsächlich zur Bewässerung des Anwesens verwendet, das von der Regierung bereitgestellte Wasser fürs Duschen, zum Kochen in den Küchen usw.
Mein Plan: Wasserstand messen mit Ultraschallsensoren und bei Bedarf die Pumpen über Relais ausschalten. Die Logik dahinter will ich auf einem Mikrocontroller programmieren.
Ultraschallsensoren funktionieren folgendermaßen: ein Lautsprecher sendet einen kurzen, hochfrequenten Impuls aus, der an einem Objekt reflektiert wird und dann wieder auf das Mikrofon des Sensors trifft. Die Zeit, die vom Aussenden des Impulses bis zur Registrierung durch das Mikrofon vergeht, ist proportional zur Entfernung des Sensor zum Objekt und hängt in erster Näherung nur von der Schallgeschwindigkeit in Luft ab. Ultraschallsensoren haben im Vergleich zu anderen Methoden, mit denen man theoretisch auch die Höhe des Wasserspiegels messen könnte, ein paar wesentliche Vorteile:
- nichts kommt mit Wasser in Berührung (Wasser und Elektronik ist meistens keine gute Idee, wer schon mal versucht hat sich in der Badewanne die Haare zu föhnen oder sein Smartphone ins Klo geworfen hat, weiß das),
- die Messung erfolgt stufenlos,
- sie sind relativ einfach zu verwenden,
- sie sind billig.
Damit man auch ohne den Mikrocontroller neu zu programmieren die Schwelle festlegen kann, ab der die Pumpen ausgeschaltet werden, möchte ich dass man diese auch bei laufendem Betrieb anpassen kann. Deswegen werfe ich noch ein Potentiometer in die Schaltung.
Da man ja auch gerne wissen würde, wieviel Wasser gerade noch in den Tanks ist, und welchen Schwellwert man gerade mit dem Potentiometer eingestellt hat, kriegt der ganze Aufbau noch ein LCD-Display spendiert.
Meine Einkaufsliste sieht also aus wie folgt:
- 1 x Arduino Uno R3
- 2 x Ultraschallsensor HC-SR04
- 1 x 2 Kanal Relay
- 1 x Slide Potentiometer
- 1 x LCD 20×4 Zeichen mit I2C Schnittstelle
- 1 x Breadboard inkl. Jumper Kabel
- 1 x jede Menge bunte Kabel
Einkaufen gehen
In Deutschland würde ich einfach alle Sachen in meinen Amazon Warenkorb legen, auf bestellen drücken und am nächsten Morgen würde der Postbote, mit dem ich inzwischen per Du bin, mir die Sachen bis zur Haustüre liefern. Amazon gibt’s auf Bali nicht, und ein Postsystem so wie wir es kennen gibt’s auch nicht. Die Villa hier hat noch nichtmal einen Briefkasten. Nach ein bisschen Recherche und dank Google-Übersetzer finde ich einen Shop in Denpansar, der Elektronik-Komponenten verkauft. Also schwinge ich mich auf meinen Roller und los geht die wilde Jagd.
Der Verkehr in Bali topt alles was ich bis jetzt auf meiner Reise gesehen habe. Die Straßen sind proppenvoll mit Rollern, die sich zwischen den paar Autos, die sich auf die Straßen trauen, hindurchschlängeln. Es gibt aber noch ein paar mehr Unterschiede zum Verkehr in Deutschland: während Du in Deutschland angehupt wirst wenn Du nicht sofort los fährst wenn die Ampel auf grün springt, wirst Du auf Bali angehupt, wenn Du bei einer roten Ampel stehen bleibst. Würde ich zuhause in Deutschland so Moped fahren, die Polizei würde mich nach 3 Sekunden aus dem Verkehr ziehen, noch bevor ich sie überhaupt gesehen hätte. Spaß macht’s allerdings. Für die 20 km zum Shop brauche ich über eine Stunde, obwohl ich mich in bester Einheimischen-Manier an allen Autos vorbeidrängle, notfalls auch auf dem Bürgersteig, über rote Ampeln fahre und generell alle in Deutschland so heiligen Verkehrsregeln missachte.
Mehrmals fahre ich durch die kleine Straße, in der sich der Laden angeblich befindet. Als ich ihn partout nicht finden kann, fahre ich an die nächstgrößere Straße und frage einen Passanten. Das liebe ich an Indonesien: jeder ist so freundlich und hilfsbereit, sogar in einem Touristenloch wie Bali. Mein neuer Freund googelt sofort den Laden, ruft den Besitzer an und erklärt mir dann nach dessen Anweisungen den Weg.
Wie soll man das Schild denn sehen? Da bin ich sicher 6 mal dran vorbeigefahren ohne es zu bemerken. Naja. Ich fahre auf den Parkplatz und betrete den Bali Elektro Shop. Der Besitzer, dessen Namen ich leider nicht verstanden habe, grüßt mich sichtlich erfreut und ist mit großem Enthusiasmus bei der Sache. Nachdem er meine Bestellung aufgenommen und die Teile zusammengesucht hat, wünscht er mir viel Spaß und ich mache mich wieder auf den Heimweg.
Wasserstandsmesser selber bauen – endlich basteln
So einen Wasserstandsmesser selber bauen ist an sich keine schwere Sache. Als erstes sucht man sich einen Arbeitsplatz und genießt die Vorfreude beim Auspacken der Komponenten. Ist die Unordnung komplett, fängt man an sich Gedanken zu machen, wie man den Aufbau nun realisieren kann.
Als Erstes lade ich mir die Arduino Entwicklungsumgebung herunter. Da das Internet hier über Mobilfunk realisiert und nicht gerade für seine Schnelligkeit berühmt ist (die durchschnittliche Downloadgeschwindigkeit erinnert stark an die Zeiten, in denen man vorher das Telefon noch aus der Dose ziehen musste, um anschließend das 56k Modem einzustöpseln), mache ich mir eine Tasse Tee und schaue nochmal nach, ob der Pool auch wirklich noch die richtige Temperatur hat.
Nachdem ich mich dessen ausgiebig versichert habe, gehe ich zurück und öffne die gerade fertig heruntergeladene Entwicklungsumgebung. Ich gucke mir ein paar Code Schnipsel im Internet an und probiere jede Komponente einzeln anzusteuern. Nach einer Stunde hab ich bereits Abstände mit Ultraschallsensoren gemessen, die Werte vom Potentiometer ausgelesen, die Relais geschaltet und obszöne Nachrichten an Silvana auf dem LCD Display eingeblendet. Zeit, alle Einzelteile zusammenzuwerfen und ein funktionierendes System zu basteln.
Nach ein paar Stunden Programmierung funktioniert das System so wie ich es gerne möchte. Die Füllstände der Wassertanks werden in Prozent auf dem LCD Display angezeigt, die Schwelle ab der die Pumpen ausgeschaltet werden lässt sich mit dem Slide Potentiometer stufenlos einstellen und wird ebenfalls auf dem Display angezeigt und die Relais schalten sobald der Füllstand der Wassertanks die Schwelle unterschritten hat. Wundertoll. Jetzt muss ich lediglich noch alles zusammenbauen, hübsch verpacken und in den Wassertanks installieren.
Installation und Test
Die Ultraschallsensoren klebe ich mit Hilfe eines balinesischen Wunderklebers einfach an die Betondecke der Wassertanks. Zum Anschluss der Sensoren habe ich mir als Verlängerung noch jeweils 10 Meter langes Telefonkabel aus dem Baumarkt geholt. Das eignet sich perfekt dafür, da es genau 4 Adern besitzt. Nach ein paar Minuten, in denen ich im subtropischen Klima des Wassertankkellers auf einer Leiter stehe und die Sensoren gegen die Decke drücke bis der Kleber hart ist, sind diese endlich installiert. Dezent verschwitzt baue ich die Box mit den anderen Komponenten neben den Pumpen auf. Ich schließe alles an, stelle die Schwelle, bei der die Pumpen ausgeschaltet werden, auf 90% des Füllstands und starte damit die Testphase des Systems.
Um mich ein bisschen abzukühlen hüpfe ich erst mal in den Pool, welcher glücklicherweise noch immer genau die richtige Temperatur hat. Zur Sicherheit hole ich mir vorher aber noch ein eiskaltes Bierchen aus dem Kühlschrank – nach der harten Arbeit habe ich mir das verdient. Meine Idylle stört der Poolboy, der ausgerechnet an diesem Nachmittag kommt. Er fischt ein paar Blüten aus dem Pool und nimmt anschließend einen Schlauch um ihn wieder randvoll aufzufüllen. Nach ungefähr 15 Minuten kommt auf einmal kein Tropfen mehr aus dem dafür benutzten Schlauch. Ich schnappe mir noch ein Fußpils aus dem Kühlschrank und laufe hoch zu den Wassertanks. Dort empfängt mich das blinkende LCD-Display und teilt mir mit, dass der Wasserstand unter die vorhin eingestellte 90%-Schwelle gefallen ist und die Pumpe ausgeschaltet wurde. Terima Kasih (indonesisch für “Danke”) Poolboy. Der Test des Wasserstandsmessers verläuft wie geplant.
Um das System für den Realbetrieb scharf zu machen, stelle ich den Schwellwert auf 25%. So merkt man frühzeitig, dass das Wasser knapp wird, die Schwelle kann dann bei Bedarf aber noch ein wenig niedriger gesetzt werden um die Zeit zu überbrücken, bis die anschließend aufgegebene Wassertruckbestellung eingetroffen ist. Da an den Relais für die Pumpen 230V anliegen, entwerfe ich noch schnell ein professionelles Warnschild, so dass niemand auf die Idee kommt einfach darin rumzufummeln.
Dauerbetrieb
Als Silvana und ich ein paar Tage später von einem längeren Wochenendtrip zurückkommen, gucke ich natürlich sofort, ob alles noch funktioniert. Der Wasserstand ist in der Zwischenzeit natürlich wieder ein wenig gesunken (die Regierung hat es immernoch nicht geschafft das Wasser wieder zum Laufen zu kriegen). Als ich auf das Display gucke kriege ich einen Schreck: der angezeigte Füllstand schwankt um mehrere Prozentpunkte. So kann das System natürlich nicht zuverlässig funktionieren. Obwohl ich einen Glättungsalgorithmus implementiert habe, scheint der Sensor inkonsistente Werte zu liefern. Ich schließe meinen Laptop an das System und muss leider feststellen, dass die balinesischen Ultraschallsensoren wohl nicht für ihre Präzision bekannt sind. Immer wieder schleichen sich abweichende Werte ein, die auch die Glättung nicht zu beseitigen vermag. Um die falschen Werte herauszufiltern programmiere ich eine Initialisierungsphase und einen Filteralgorithmus. Nach einem kurzen Test liefert das System wieder brauchbare Werte. Disaster averted!
Fazit
Trotz einiger Hindernisse bei der Entwicklung funktioniert der Wasserstandsmesser wie gewünscht. Hätte ich ihn in Deutschland gebaut, dann hätte ich noch einen Raspberry Pi angeschlossen, der bei niedrigem Wasserstand automatisch einen Warnhinweis verschickt, bspw. über Telegram (mit der telepot Bibliothek) und auf Anfrage auch den aktuellen Wasserstand mitteilt. So könnte man frühzeitig reagieren und notfalls einen Wassertruck bestellen (oder sogar automatisch bestellen lassen). Leider gibt’s auf Bali nirgends Raspberry Pis zu kaufen, und das Internet ist hier auch viel zu instabil als dass so ein Frühwarnsystem zuverlässig funktionieren würde.
Du möchtest auch einen Wasserstandsmesser selber bauen? Du hast eine ähnliche Idee, aber keine Ahnung wie Du sie umsetzen sollst? Schreib mir einen Kommentar. Meine Fähigkeiten sind natürlich auch käuflich ;).
Wie gerne ich doch mitgebastelt hätte ^^
Viele Grüße euch und schreib weiter!
Wir basteln auch bald wieder mein Freund. Ich hab viele Projekte im Kopf! 😉
Ich will aaauuuuch!! 🙂 NEID!